Oxford – Patienten, die an einer Psychose erkranken, haben häufiger positive Anti-NMDA-Rezeptor-Antikörper in peripheren Blutproben als gesunde Kontrollen. Belinda Lennox und ihr Team an der University of Oxford berichten in The Lancet Psychiatry über die möglicherweise unterschätzte Bedeutung von autoimmun wirksamen Antikörpern bei Psychosepatienten (2016; doi: 10.1016/S2215-0366(16)30375-3).
Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis wurde erstmals 2007 beschrieben. Die Erkrankung löst zu Beginn meist psychiatrische Symptome aus wie Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Angstzustände. Im Verlauf kann es dann zu epileptischen Anfällen, vegetativen Entgleisungen und einer Katatonie kommen. Es müssen jedoch nicht immer alle diese Symptome auftreten. Verantwortlich für die Erkrankung sind Anti-NMDA-Rezeptor-Antikörper, welche die Glutamatrezeptoren in neuronalen Synapsen angreifen. Seit Entdeckung der Erkrankung wurden noch eine Reihe weiterer Antikörper beschrieben, die autoimmune Enzephalitiden auslösen können.
Obwohl wahrscheinlich nur ein geringer Teil aller Schizophrenien durch die Antikörper verursacht wird, gehen viele führende Experten davon aus, dass die Erkrankung in der Psychiatrie unterdiagnostiziert ist. Besonders bei jungen psychotischen Patienten, die aus völliger Gesundheit einen foudroyanten Krankheitsverlauf mit Anfällen oder einer Katatonie erleiden, sollten Ärzte an eine autoimmune Enzephalitis denken. In vier von fünf Fällen sind die Patienten weiblich.
Die Forscher untersuchten in ihrer Studie die Häufigkeit von verschiedenen Antikörpern, die als Auslöser von autoimmunen Enzephalitiden bekannt sind. Sie bestimmten den Titer im peripheren Blut von gesunden Probanden (n = 105) und von Patienten, die erstmals die Diagnose einer Psychose erhalten hatten (n = 228).
Es zeigte sich, dass neun Prozent der Patienten positive Antikörper aufwiesen, während die gesunden Probanden nur in vier Prozent der Fälle Antikörper hatten. Im Fall der Anti-NMDA-Rezeptor-Antikörper hatten drei Prozent der Patienten (n = 7) positive Antikörper. Bei den Gesunden war hingegen niemand positiv für diese Antikörper. Klinisch zeigte sich zwischen den positiv und den negativ getesteten Psychosepatienten kein Unterschied.
Möglicherweise könnten bei den positiv getesteten Patienten die Antikörper eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielen. Ob diese Patienten auch von einer immunsuppressiven Therapie profitieren, testen die Forscher gerade in einer kontrollierten randomisierten Studie. © hil/aerzteblatt.de
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