Hintergrund: In Deutschland leiden etwa 1,5 Millionen Erwachsene an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Die häufigsten Manifestationen sind die rheumatoide Arthritis und die Spondyloarthritiden – dazu gehören vor allem die axiale Spondyloarthritis, einschließlich der ankylosierenden Spondylitis (früher: Morbus Bechterew), und die Psoriasisarthritis. Aufgrund des systemischen entzündlichen Charakters dieser Erkrankungen ist häufig auch das Herz betroffen.
Methode: Es wurde eine selektive Literaturrecherche unter Berücksichtigung europäischer Leitlinien und der klinischen Erfahrung der Autoren durchgeführt.
Ergebnisse: Die rheumatische Entzündung verschiedener kardialer Strukturen kann zu Perikarditis, Myokarditis oder Endokarditis führen. Auch die Herzklappen und das Erregungsleitungssystem mit AV-Blockierungen können betroffen sein. Funktionelle Auswirkungen, zum Beispiel in Form einer Herzinsuffizienz, kommen bei allen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor. Die Mortalität rheumatischer Erkrankungen im Langzeitverlauf ist vor allem durch die Zunahme kardiovaskulärer Komplikationen erhöht. Deshalb sollte das kardiovaskuläre Risikoprofil in Kooperation mit der Primärversorgung regelmäßig, zum Beispiel alle 5 Jahre, evaluiert werden. Die mit der rheumatischen Erkrankung assoziierten Manifestationen, wie Perikarditis, Myokarditis und Vaskulitis, werden initial mit hoch dosierten Glukokortikoiden und dauerhaft mit Basistherapeutika, wie Methotrexat und Azathioprin, und partiell auch mit Biologika therapiert.
Schlussfolgerung: Bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollten vor allem auch die erhöhten kardiovaskulären Risiken beachtet und präventive Maßnahmen zeitnah eingeleitet werden. Diese Aspekte sollten auch in kontrollierten Studien weiter untersucht werden und die Behandlungsoptionen bei einer Herzbeteiligung evaluiert werden.
Etwa 1,5 Millionen Erwachsene leiden in Deutschland an entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (e1). Die Prävalenz der Erkrankungen ist in der Tabelle aufgelistet. Eine direkte Herzbeteiligung und/oder eine Assoziation mit kardiovaskulären Komorbiditäten finden sich dabei unterschiedlich häufig. Eine Herzbeteiligung in Form von Perikarditis, Myokarditis, Endokarditis oder als Klappenvitium zählte früher zu den verbreiteten kardialen Manifestationen rheumatischer Erkrankungen. Im Rahmen der besseren Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) oder mit einer zu den Spondyloarthritiden (SpA) zählenden Erkrankung ist eine direkte Herzbeteiligung zwar durch moderne bildgebenden Diagnostik oft feststellbar (1), in klinisch relevanter Form jedoch rückläufig (2).
Im Gegensatz dazu treten neben den vorherrschenden Erkrankungen des Bewegungsapparates, wie Arthrose und Osteoporose, die kardiovaskulären Komorbiditäten immer mehr in den Vordergrund; diese werden bei 70–80 % der Patienten mit RA, axialer Spondyloarthritis (axSpA), Psoriasisarthritis (PsA) beziehungsweise systemischem Lupus erythematodes (SLE) gefunden (e2). Die Prävalenz der arteriellen Hypertonie liegt bei diesen Erkrankungen bei 26–36 % und die der koronaren Herzerkrankung (KHK) bei 7–13 % (3).
Die kardiovaskulären Komorbiditäten zählen heute zu den häufigsten Todesursachen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (4). Dabei gibt es einen direkten Bezug zwischen der Entzündungsaktivität der Erkrankungen und der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität. Durch eine gute Krankheitskontrolle lässt sich das kardiovaskuläre Risiko reduzieren (5). RA-Patienten haben für KHK ein um fast 60 % und für zerebrovaskuläre Ereignisse ein um 50 % höheres Risiko. Dementsprechend ist die kardiovaskuläre Mortalitätsrate von RA-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung mit 1 707 versus 775 pro 100 000 Patientenjahre um 45 % höher (6).
Schließlich spielt die bei diesen Erkrankungen eingesetzte Medikation eine Rolle. Bei Langzeitanwendung wird das kardiovaskuläre Risiko von RA-Patienten durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide dosisabhängig gesteigert und durch Methotrexat und TNF-Inhibitoren reduziert (7). Eine kardioprotektive Wirkung wurde darüber hinaus für Hydroxychloroquin bei RA und SLE nachgewiesen (e3, e4). Bei Gicht hat Colchicin eine kardioprotektive Wirkung (8).
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat Leitlinien zum Management der frühen RA (S3), zur sequenziellen medikamentösen Therapie der RA (S1) und der axSpA (S3) erstellt (dgrh.de/qualitaetssicherung.html). Aus Platzgründen haben wir uns auf diese wichtigsten Erkrankungen konzentriert.
Für die selektive Literatursuche haben die Autoren sich auf PubMed beschränkt und als Suchbegriffe die jeweilige Erkrankung in Verbindung mit „heart“ beziehungsweise „cardiac involvement“ benutzt. Die hier angegebenen Referenzen stellen eine Auswahl dar. Evidenzgrade können nur selten angegeben werden, weil es nur begrenzt Daten dazu gibt.
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündlich-rheumatische Systemerkrankung, die auch innere Organe betreffen kann. Bei RA treten Autoimmunphänomene, wie Rheumafaktoren (RF) und Antikörper gegen citrullinierte Antigene (ACPA), aber auch antinukleäre Antikörper (ANA) auf. Patienten mit RF und ACPA haben häufiger eine Organbeteiligung, wie zum Beispiel interstitielle Lungenerkrankungen und Vaskulitiden (5, 10, e5). Bei RA können verschiedene kardiale Strukturen beteiligt sein (Kasten 1) . Echokardiographisch wird häufig ein klinisch meist nicht relevanter Perikarderguss (Abbildung) nachgewiesen (1). Eine Myokarditis oder Myokardfibrose ist seltener (11), die kardiale Amyloidose eine Rarität. Meist asymptomatische Klappenveränderungen werden häufig berichtet. Bei Patienten mit RA treten gehäuft Einschränkungen der kardialen Pumpfunktion und eine klinisch manifeste Herzinsuffizienz auf (12, 13). Die kumulative Inzidenz einer Herzinsuffizienz lag bei 80-jährigen RA-Patienten mit 36 % fast doppelt so hoch wie bei Kontrollen. Bei diesen waren meist (77 %) „traditionelle“ kardiovaskuläre Risikofaktoren verantwortlich, bei der RA war dies nur bei 54 % der Betroffenen der Fall (13). Dies könnte für eine stattgehabte Myokarditis oder ein Vitium im Rahmen der rheumatischen Entzündung sprechen. RA-Patienten haben ein leicht erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern (Prävalenz: 3–4 %) – ohne Auswirkungen auf die Mortalität (14). Eine verlängerte QT-Zeit, ein möglicher Prädiktor für kardiovaskuläre Mortalität, wurde bei RA-Patienten häufiger (48 %) als bei normalen Kontrollen gefunden.
Die Spondyloarthritiden (SpA) sind eine durch klinische Symptome und genetische Prädisposition (15) verbundene Gruppe von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die zum Teil nach der im Vordergrund stehenden klinischen Manifestation oder nach Subtypen unterschieden werden. Der wichtigste Subtyp ist die ankylosierende Spondylitis (AS, früher Morbus Bechterew), die jetzt der Gruppe der sogenannten axialen Spondyloarthritiden zugeordnet wird. Die anderen Subtypen sind durch Psoriasis, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder eine vorausgehende Infektion (reaktive Arthritis) charakterisiert. Bei der Psoriasisarthritis (PsA) sind zumeist die peripheren Gelenke betroffen.
Die zum Teil ebenfalls typische Beteiligung anderer Organe umfasst die Augen (anteriore Uveitis) und seltener das Herz. Typische kardiale Manifestationen bei AS (Kasten 2) sind Aortenklappenfehler und Herzrhythmusstörungen (16). Die erhöhte Mortalität bei AS liegt vor allem an der kardiovaskulären Komorbidität. Die standardisierte Mortalitätsrate lag bei 1,63 für Männer und 1,38 für Frauen, 40 % der Todesfälle waren kardiovaskulär bedingt (17).
Pathoanatomisch gibt es bei der AS eine charakteristische Manifestation an der Aorta ascendens, vor allem an der Aortenwurzel, aber auch an subaortalen Strukturen, wie dem membranösen Teil des interventrikulären Septums und der Basis des anterioren Mitralsegels, was zur Mitralinsuffizienz führen kann (18). Auch die bei AS gehäuft beobachteten Erregungsleitungsstörungen hängen damit zusammen (19, 20). Die heute eher seltene Aortitis ist in Verbindung mit der typischen Aorten-insuffizienz zu sehen. Deren Prävalenz liegt bei 3–18 % – abhängig von Alter und Krankheitsdauer. Patienten mit AS werden häufig an der Aortenklappe operiert (18).
Die histopathologischen Charakteristika der Aortitis umfassen neben der fokalen Zerstörung von Media-Strukturen auch die Verdickung von Intima und Adventitia sowie Gefäßobliterationen (21). Über die möglichen Verdickungen von Aorta und Aortenklappe hinaus können die fibrotischen Veränderungen über die Klappe hinausgehen („subaortic bump“).
Die Prävalenz relevanter Erregungsleitungsstörungen, vor allem in Form von hochgradigen AV-Blockierungen mit klinisch relevanten Bradyarrhythmien, ist bei AS-Patienten erhöht (5 %); dies ist mit HLA („human leukocyte antigen“)-B27 assoziiert. Fast immer ist der oberhalb des His-Bündels gelegene AV-Knoten betroffen. Die Patienten benötigen meist einen Herzschrittmacher (19, 20). AV-Blockierungen treten auch bei sonst gesunden HLA-B27-positiven Menschen auf – meist in Kombination mit einer Aorteninsuffizienz. Träger eines Herzschrittmachers sind häufiger HLA-B27+ als die Normalbevölkerung (19).
Bei Patienten mit PsA ist keine Häufung von Herzklappenveränderungen oder Erregungsleitungsstörungen bekannt. Vor Jahren wurde über ähnliche HLA-B27-assoziierte Pathologien der Aortenklappe und des AV-Knotens bei Patienten mit reaktiver Arthritis (damals noch Reiter-Syndrom genannt) berichtet.
Die Inzidenz und Relevanz des rheumatischen Fiebers und selbst die kardiale Beteiligung bei einer Post-streptokokkenarthritis werden heute als gering eingeschätzt (22).
Die Datenlage hinsichtlich des vaskulären, gastrointestinalen oder renalen Risikos unter Therapie mit NSAR ist bei Patienten im Alter < 50 Jahren mit AS und PsA begrenzt. Ein erhöhtes Risiko, vor allem bei älteren Patienten und solchen mit relevanten Risikofaktoren (Herz-, Niereninsuffizienz, Ulkusanamnese), ist aber wahrscheinlich. Patienten, die nur kurzfristig (23) oder mit konstant hohen Dosen behandelt werden, weisen aber kein erhöhtes Risiko auf (24). Zwei voneinander völlig unabhängige Studien mit AS-Patienten (17, 25) zeigen, dass nicht die Einnahme von großen, sondern von geringen Mengen NSAR mit erhöhter Mortalität assoziiert war. Diese Ergebnisse deuten zumindest darauf hin, dass bei der Gesamtbewertung von NSAR bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen auch potenziell vorteilhafte Effekte zu berücksichtigen sind.
Der systemische Lupus erythematodes, die Sklerodermie (progressive Systemsklerose [PSS]), die idiopathischen Myositiden (IM), wie Dermato- und Polymyositis, und die Mischkollagenose („mixed connective tissue disease“ [MCTD]), können sich an verschiedenen Strukturen des Herzens manifestieren und stellen eine wichtige Differenzialdiagnose für Endo-, Myo- und Perikarditiden dar. Für die Diagnostik von Kollagenosen sind aber nichtkardiale Manifestationen, wie Hautveränderungen und Arthritiden, neben dem Nachweis von zum Teil spezifischen Autoantikörpern (ANA-, ENA-, ds-DNS-Antikörper) wichtiger.
Myokarditiden kommen bei SLE und PSS in 10 %, und bei IM in 25 % der Fälle vor (26). Echokardiographische erste Zeichen einer Myokarditis sind regionale Wandbewegungsstörungen. Der Goldstandard für den sicheren Nachweis einer Myokarditis ist die Myokardbiopsie. Nichtinvasiv können mittels kardialer Magnet-resonanztomographie (Kardio-MRT) relativ früh Hinweise für eine Myokarditis (zum Beispiel regionale Ödembildung, „late enhancement“, Wandbewegungsstörungen) gefunden werden.
Die kardiale Beteiligung bei PSS in Form von Myokarditis und Myokardfibrose mit Arrhythmien und möglichem Rechtsherzversagen bei pulmonaler Hypertonie („scleroderma heart disease“) ist prognostisch ungünstig (27). Neben der kardiologischen Routinediagnostik ist für die quantitative Beurteilung einer pulmonalen Hypertonie eine Rechtsherzkatheteruntersuchung unerlässlich.
Perikarditiden kommen bei allen Kollagenosen vor, zum Beispiel bei SLE in 25–39 % der Fälle (e6, e7). Bei der nichtbakteriellen verrukösen Endokarditis (Libman-Sacks) ist meist die Mitralklappe betroffen. Bei solchen SLE-assoziierten Klappenauflagerungen sollten Antiphospholipid-Antikörper bestimmt werden.
Bei schwangeren Patientinnen mit SS-A/Ro-Antikörpern besteht ein erhöhtes Risiko für einen kongenitalen AV-Block. Hierbei kommt es selten (≈ 2 %) zu irreversiblen Störungen des Erregungsleitungssystems im fetalen Herzen.
Die Vaskulitiden sind durch zelluläre Gefäßwandentzündungen charakterisiert, die zu Ischämie und Nekrose in nachgeschalteten Geweben oder Organen und zu Blutungen führen können. Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) sind bei Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), mikroskopischer Polyangiitis (MPA) und bei einem Teil der Patienten mit eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) nachweisbar, während die Riesenzell- (RZA) und Takayasu-Arteriitis (TA) keine Auto-Antikörper aufweisen.
Insgesamt sind direkte kardiale Manifestationen bei systemischen Vaskulitiden je nach Typ mit 5–25 % relativ selten (28, e8). Perikarditis, Myokarditis, Endomyokardfibrose, vaskulitische Koronarischämie, Klappeninsuffizienz und/oder Arrhythmie kommen vor (28, e9).
Charakteristisch für die oft HBsAg-assoziierte Panarteriitis nodosa (PAN) ist die maligne Hypertonie. Die bei jüngeren Erwachsenen vorkommende TA weist häufiger einer Herzbeteiligung auf (Aorteninsuffizienz, Aortenaneurysmen, vaskulitische Ischämien, Pumpversagen) als die RZA (e9).
Kardiale Beteiligung bei seltenen rheumatischen Erkrankungen
Die häufigste kardiale Manifestation beim adulten Morbus Still ist die Perikarditis mit 20–30 % (e10), die meist zusammen mit Fieber und Polyserositis auftritt.
Beim Morbus Behçet kommen kardiale Manifestationen häufig vor (7–46 %; e11) – meist als Perikarditis, teils auch als konstriktive Perikarditis mit hämorrhagischer Tamponade. Intrakardiale Thromben, meist im rechten Ventrikel, treten in > 50 % als Erstmanifestation des Morbus Behçet auf (e11). Koronare Vaskulitiden können ebenso auftreten wie eine Aortitis mit aneurysmatischer Erweiterung und Aorteninsuffizienz – ähnlich wie bei der seltenen rezidivierenden Polychondritis (e12). Der Aortenklappenersatz ist der häufigste kardiochirurgische Eingriff bei Morbus Behçet (e13).
Eine sekundäre AA-Amyloidose kann selten bei lange bestehenden und unzureichend behandelten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auftreten (e14). Dabei kommt es durch AA-Amyloidablagerungen zur Herzinsuffizienz (e14).
Das Risiko von größeren kardiovaskulären Ereignissen (Gesamtmortalität, erneuter Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und erneute Revaskularisation aufgrund einer Ischämie) ist bei RA höher als bei anderen rheumatischen Erkrankungen (29). Die KHK-Prävalenz bei RA ist mit 16,6 % höher als bei Kontrollen (Odds Ratio: 1,35), die Inzidenzrate kardiovaskulärer Ereignisse liegt bei 7,8 in 1 000 RA-Patientenjahren (30). Mindestens einen modifizierbaren traditionellen kardiovaskulären Risikofaktor haben 80 % der RA-Patienten (31). Bluthochdruck kommt bei RA häufiger vor (57 %), für Diabetes mellitus Typ II ist dies weniger eindeutig. Die Prävalenz von erhöhtem Body-Mass-Index, LDL-Cholesterinwert und Rauchen ist bei RA im normalen Bereich (31).
Die Prävalenz und Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen ist bei Patienten mit AS und PsA erhöht (32, 25). Patienten mit Psoriasis sind auch häufiger vom metabolischen Syndrom betroffen (e15). Die höhere Mortalität von AS-Patienten ist vor allem durch die kardiovaskuläre Komorbidität und öfter auftretende Risikofaktoren bedingt (33). AS-Patienten müssen sich häufig einer koronaren Bypass-Operation unterziehen (e16).
Auch bei Kollagenosen werden arteriosklerotische Prozesse induziert und beschleunigt. Ein Myokardinfarkt bei jungen Menschen kann auf eine Kollagenose hinweisen. Infolge der höheren Lebenserwartung manifestieren sich arteriosklerotische Vaskulopathien häufiger. Beratung und Therapie in Bezug auf traditionelle Risikofaktoren sind wichtig – auch wenn diese nur in rund der Hälfte der Fälle ursächlich für die Erkrankung sind. Die frühe Diagnose einer KHK bei SLE-Patienten ist kritisch. Vermehrter Koronarkalk kann mit Elektron-Beam- und Multidetektor-CT nachgewiesen werden (34); die Kardio-MRT gilt als das beste nichtinvasive Verfahren bei entzündlichen Veränderungen (35).
Für das Management von kardiovaskulären Komorbiditäten gibt es Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) (36, Kasten 3 ). Diese sollten stets berücksichtigt werden, um frühzeitig reagieren zu können. Hochdosierte Statine scheinen das Risiko, eine rheumatoide Arthritis zu bekommen, zu vermindern (e17). Wenn bereits eine RA besteht, reduzieren Statine die Mortalität um 20 % (e18).
Antikörper gegen 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase (HMGCR) sind mit dem Auftreten einer nekrotisierenden Myopathie und dem Gebrauch von Statinen assoziiert. Dies ist aber selten, und nekrotisierende Myopathien treten auch bei Personen auf, die keine solche Therapie erhalten hatten (e19). Die große Mehrheit derjenigen, die Statine einnehmen, entwickelt aber keine HMGCR-Antikörper; dies trifft auch auf die mit myopathischen Beschwerden zu (e20).
Bei einem Teil der mit dem Interleukin-6-Rezeptor-Antagonisten Tocilizumab behandelten RA-Patienten kommt es zur Hypercholesterinämie; dies ist aber nicht mit einer erhöhten Inzidenz kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert – wohl deshalb, weil der anti-inflammatorische Effekt dieser Medikation stärker ins Gewicht fällt (e21).
Management und Therapie der kardiovaskulären Manifestationen
Grundsätzlich muss bei Patienten mit vermehrter Krankheitsaktivität bei bestimmten rheumatischen Erkrankungen, wie etwa Lupus oder Polymyositis, an kardiale Manifestationen, wie Perikarditis und Myokarditis, gedacht werden. Bei ihnen müssen entsprechende Untersuchungen anberaumt werden.
Bei einigen rheumatischen Erkrankungen, wie etwa der Sklerodermie, werden echokardiographische Routinekontrollen, zum Beispiel einmal pro Jahr, empfohlen, um eine pulmonal-arterielle Hypertonie frühzeitig festzustellen, für deren Bestimmung auch der Herzinsuffizienzmarker NT-proBNP eine Bedeutung hat (e22). Bei langjährigen AS-Patienten ist die Durchführung einer Echokardiographie alle 1–2 Jahre sinnvoll, um ein Aortenvitium frühzeitig zu diagnostizieren.
Die direkten entzündlichen Manifestationen von rheumatischen Erkrankungen, wie Perikarditis, Myokarditis und Vaskulitis, werden initial mit hochdosierten Glukokortikoiden (37) und Basistherapeutika, wie Methotrexat (MTX), Azathioprin und anderen Präparaten, behandelt. Kontrollierte Studien zur Herzbeteiligung bei rheumatischen Erkrankungen liegen nicht vor.
MTX ist eines der wenigen Medikamente, für die ein Überlebensvorteil bei RA-Patienten nachgewiesen wurde, der vor allem durch eine Verminderung der kardiovaskulären Mortalität zu erklären ist (38). Bei schweren Krankheitsverläufen sind Biologika, wie Rituximab und Tocilizumab, erfolgreich eingesetzt worden (39, 40). Beim adulten Still-Syndrom waren Interleukin-1-Antagonisten bei Myokarditis wirksam (e23).
Andere Manifestationen und Komorbiditäten werden entsprechend der sonst üblichen kardiologischen Vorgehensweisen behandelt.
Prof. Krüger erhielt Vortragshonorare von der Firma Abbvie.
Prof. Manger erhielt Honorare für Beratertätigkeit von den Firmen MSD und UCB, Honorare für einen Vortrag oder eine Tagungsvorbereitung von den Firmen Abbvie, MSD, Pfizer und Roche.
Prof. Specker erhielt Vortragshonorare von der Firma Roche.
Prof. Schneider wurden Teilnahmegebühren und Reisekosten von den Firmen MSD und Chugai erstattet.
Prof. Schneider und Prof. Braun erhielten Honorare für eine Publikation mit Bezug zum Thema.
Prof. Trappe erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten eingereicht: 3. 5. 2016, revidierte Fassung angenommen: 18. 1. 2017
Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Jürgen Braun Rheumazentrum Ruhrgebiet Claudiusstraße 45, 44649 Herne j.braun@rheumazentrum-ruhrgebiet.de
Zitierweise Braun J, Krüger K, Manger B, Schneider M, Specker C, Trappe HJ: Cardiovascular comorbidity in inflammatory rheumatological conditions. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 197–203. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0197
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